Abstract
Neuseeland nahm 1939 ca. 1100 Flüchtlinge auf, die nach den Ereignissen der sog. Reichskristallnacht aus Deutschland und aus den Nachbarländern geflüchtet waren. Die Wahl des Ankunftslandes war bei den 18 Architekten, die in Neuseeland eine Aufenthaltsgenehmigung bekamen, zumeist davon abhängig, ob sich bereits ein Familienangehöriger oder Freund der Familie dort aufhielt. Neun der 18 Architekten wurden noch im selben Jahr in Wellington als Bauzeichner in der Abteilung für sozialen Wohnungsbau im Arbeitsministerium (Ministry of Works) angestellt, andere fanden Anstellungen in der Bauindustrie.Unter ihnen waren Fritz Feuer, Ernst Gerson, Heinrich Kulka, Friedrich Neumann und Ernst Anton Plischke. Alle waren auf verschiedene Weise mit der sich neu entwickelnden Architektur der Moderne in Deutschland und Österreich in Berührung gekommen. Die Wiener Architekten Feuer und Plischke waren dem sozialen Ethos, der dem Wohnungsbau Wiens nach dem Ersten Weltkrieg zugrunde lag, verpflichtet und hatten dort mitgewirkt. Friedrich Neumann hatte zuerst im Büro seines Vaters in Wien mitgearbeitet, ging aber dann von 1932 bis 1937 in die Sowjetunion, um dort in einer Brigade als Architekt am industriellen Aufbau mitzuhelfen. Heinrich Kulka hatte, als Schüler und Mitarbeiter von Adolf Loos, die Raumplanprinzipien seines Lehrers weiterentwickelt. Der Hamburger Architekt Gerson hatte, zusammen mit seinen älteren Brüdern Hans und Oskar, daran gearbeitet einen spezifisch hamburgerischen Monumentalbau zu entwickeln, der den Idealen des Heimatstils angeschlossen war.In Neuseeland arbeitete das erste Labour Government seit 1935 an der Reorganisation des Sozialwesens und des sozialen Wohnungsbaus und schien vor allem an der praktischen Kompetenz der Flüchtlinge interessiert gewesen zu sein. Nachdem die Labour Party 1949 von der National Party abgelöst wurde, wurde auch der Ruf nach einer nationalen neuseeländischen Identität laut, die sich auch in der Architektur widerspiegeln sollte.Die Veränderungen in der politischen Lage hatte zur Folge, dass die Architekten, deren Arbeit mit dem Neuen Bauen und dem International Style assoziiert wurden, als Vertreter einer Moderne gesehen wurden, die es nun zu überwinden galt. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung stellt diese Untersuchung die Problematiken dar, denen sich exilierte Architekten in den 50er und 60er Jahren ausgesetzt sahen.Plischke, der mit einigen Äußerungen seiner Zeitgenossen die ‘Blut und Boden’-Politik assoziierte, die er hinter sich gelassen hatte, blieb seinen Überzeugungen weitestgehend treu, Kulka abstrahierte die Lehren von Adolf Loos, um sie an die gegebenen Umstände anzupassen, und Neumann suchte nach einer hybriden Lösung die lokale Gegebenheiten mit internationaler Moderne verband.
Original language | English |
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Title of host publication | Unknown Host Publication |
Publisher | Unpublished conference contribution |
Number of pages | 9 |
Publication status | Accepted/In press - 21 Apr 2016 |
Event | Conference „65 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention“ des Netzwerks Flüchtlingsforschung - University in Osnabrueck, 6-8 Oct 2016 Duration: 21 Apr 2016 → … |
Conference
Conference | Conference „65 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention“ des Netzwerks Flüchtlingsforschung |
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Period | 21/04/16 → … |
Keywords
- Refugee
- New Zealand
- Germany
- Exile Studies